8. Sonntag nach Trinitatis - Partnerschaftsgottesdienst

Predigttext: Röm 8,31f
Gottesdienst: 8. Sonntag nach Trinitatis - Partnerschaftsgottesdienst der Christuskirche
PredigerIn: Dirk Dempewolf, Pfarrer

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen

Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder,

beim Jugendgottesdienst am Freitagabend im Pfarrgarten hat Thomas für das perfekte Leben gebetet, das Gott uns schenken möge. Thomas selbst weiß und hat erlebt, dass perfektes Leben nicht ein Leben ohne Scheitern und Herausforderungen ist, ein Leben im Schlaraffenland. Ich vermute, Thomas meint mit perfektem Leben ein Leben, das weitergeht, das nicht an Barrieren stehen bleibt, dass man nicht alleine, sondern in Gemeinschaft lebt und bewältigt.

Der Apostel Paulus beschreibt in seinem Brief an die Römer Kapitel 8 Verse 31f solch ein Leben als ein Leben in der Gemeinschaft miteinander und mit Gott:
Was wollen wir nun hierzu sagen? Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein? Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben – wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?
Amen

Ein Leben, das nicht an Herausforderungen zerbricht, kommt aus der Liebe Gottes, der sich selbst nicht schont, damit wir Menschen leben können. Durch die Taufe gehören wir sichtbar zu diesem Gott.

Dabei gilt diese Liebe Gottes nicht nur den Juden, sondern allen Menschen, nicht nur den Menschen, sondern auch den Tieren. Sie gilt der ganzen Schöpfung Gottes. Allen Lebewesen gilt die Erlösung Gottes in Jesus Christus. Sie bindet uns über Grenzen und Zeiten zusammen in die Kindschaft Gottes.

Als Kinder Gottes feiern wir heute den Partnerschaftssonntag in Tanzania und Augsburg und nehmen Baradero und Nikolajew mit hinein. Seitdem es Christinnen und Christen in diesen Ländern gibt, gehören wir zusammen und habe seit wenigen Jahrzehnten auch einen gleichberechtigten Kontakt zueinander. Beide Seiten haben etwas zu geben und beide zu nehmen.

Mit der Weltwirtschaft zeigt sich dieser Zusammenhang im Leben aller Menschen, auch der Nichtchristen.
Tanzania produziert für uns Avocado, Biobaumwolle, Tee und Kaffee. Wir bilden an unseren Universitäten Studierende aus und unterstützen mit Strukturen und Menschen die Verbreitung von nachhaltigem landwirtschaftlichem Know How. Längst sind die Bewohner Tanzanias im world wide web unterwegs, gibt es eine Mittelschicht, die weltweit unterwegs ist und Hunger ist trotz schlechter Regierungen kein alltägliches Thema mehr.

Argentinien hat nach mehreren Militärregierungen eine gewählte Regierung und die Gewalt in der Gesellschaft geht zurück. Eine breite gebildete Mittelschicht trägt die Gesellschaft. Argentinien liefert uns Fleisch, Obst und Wein. Seine Industrie produziert vor allem für Südamerika. Um den Staat handlungsfähig zu halten und die Wirtschaft zu fördern, werden Sozialleistungen niedrig gehalten. Kinder und Jugendliche hungern selten, aber stammen sie aus armen Familien haben sie keine Chance, der Armut durch Bildung zu entkommen. Manchen hilft die Kindertagesstätte in Baradero.

In Nikolajew ist die evangelische Gemeinde eine minimale Minderheit von wenigen Dutzend Menschen. Die wirtschaftliche Situation ist angesichts der Annektierung der Krim vor den Toren der Stadt und des Kriegs in der Ostukraine fatal. Die Menschen leben von der Hand in den Mund und in der dauernden Gefahr sozial abzusteigen.

Uns allen gemeinsam ist seit März 2020 die Pandemie, die in allen Ländern der Welt Gesundheit und Leben kostet und die Menschen dadurch nicht nur weltweit verbindet, sondern die Notwendigkeit der Zusammenarbeit noch klarer vor Augen führt. Das gleiche gilt für die Folgen des Klimawandels und damit der Erschwernis Lebensmittel auf dem eigenen Boden zu erzeugen. Auch eine gebildete Mittelschicht braucht Bauern, die ihr Essen produzieren. Angst voreinander bestimmt das Handeln und Denken, nicht Denken miteinander.

Was Paulus nur ahnte, dachte und wünschte ist heute längst gezwungener Maßen Wirklichkeit geworden. Wir Menschen weltweit sind voneinander abhängig, kein Land oder Volk kann für sich allein bestehen. Wir sind Menschengeschwister, ob wir es wollen oder nicht.

Paulus sieht es positiv, dass wir als Kinder Gottes zusammengehören. Keiner muss seine Probleme mehr allein lösen und wir haben Probleme gemeinsam, die zu lösen sind und die wir mit Gottes Hilfe lösen können.
Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert?

Gott selbst ist auf unserer Seite. Uns ist dabei nicht meine Familie, mein Land, mein Volk, sondern die ganze Schöpfung. Gott ist ihr Anfang und ihr Ziel und er lässt sie auch auf dem Weg nicht allein.
Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein? Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben – wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?

Wovor muss man eigentlich Angst haben? Vor allem, wenn die Angst auf der einen Seite alleinsteht und auf der anderen Seite die Kinder Gottes und hinter ihnen Gott selbst. Das ist wie bei dem Kinderspiel wer hat Angst vor dem (was sagt man heute?) Mann? Die Antwort ist Niemand und dann laufen alle. Der Mann gewinnt erst an Macht, wenn er einige von uns eingefangen hat.

Paulus ruft die damaligen Christen, die durchaus nicht immer einig waren, zurück in die Gotteskindschaft, die sie alle gemeinsam haben, indem er sie an die Erlösung erinnert, die allen Lebewesen gilt. Trotz aller Herausforderungen und Gefahren kann ihnen nichts passieren.

Heute ist die Welt größer als zu Paulus Zeiten. Heute ist die Welt kleiner als noch vor dreißig Jahren, weil wir in Sekunden von Menschen in anderen Teilen der Welt erfahren. Meistens schlechte Nachrichten.
Manchmal überfordert sie mich,
weil ich gutes für alle Menschen, Kinder des einen Gottes wünsche,
weil mir bewusstwird, wie mein Leben mit ihrem Leiden zusammenhängt.
Das geht mir schon so, wenn ich auf die Flutgebiete dieser Woche schaue und mich hilflos fühle und dankbar bin, dass wir in Deutschland leben, in dem es genug Geld gibt und genug organisierte Hilfe und freiwillige Helfer.

Das perfekte Leben ist, wenn man nicht alleine steht gegen die Angst und die Not seiner Zeit, wenn man Geschwister auf seiner Seite hat und Gott hinter uns allen.

Der Partnerschaftssonntag erinnert dieses Jahr daran, dass wo immer und wie immer wir leben, gilt:
Aber in dem allen überwinden wir weit durch den, der uns geliebt hat. Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch
Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, 39weder Hohes noch Tiefes noch irgendeine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen